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Perspektive Selbständigkeit für Frauen

Die offiziellen Zahlen belegen es immer wieder: heute sind Frauen mindestens genau so gut ausgebildet wie Männer, aber sie verdienen weniger. In den Führungspositionen sind sie außerdem immer noch weit weniger vertreten als Männer. Je höher die Hierarchieebene, desto weniger Frauen. Wenn Frauen aber auf dem Chefsessel sitzen, dann sind sie genau so erfolgreich wie Männer. Bei der Selbständigkeit zeichnet sich ein ähnliches Bild. Frauen machen sich wesentlich seltener selbstständig als Männer. Hat eine Frau dann den Sprung in die Selbständigkeit gemeistert, so ist sie sehr erfolgreich. Aber auf dem Weg dorthin, also in der Phase der Existenzgründung, scheitert sie oft.

Wie kann das sein? Können wir uns das als Gesellschaft leisten? Gut ausgebildete Frauen, die ihre Fähigkeiten nicht voll in das Wirtschaftsleben einbringen. Und wollen wir eine so ungerechte Gesellschaft haben? Es lohnt sich also genauer hinzuschauen.

Darum haben wir mit Christine Fuchs gesprochen. Trotz einer erfolgreichen Karriere bei einem großen Automobilbauer hat sie vor über 10 Jahren den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Und sie ist so erfolgreich, dass sie sich über die Auszeichnung “Vorbildunternehmerin“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie freuen darf. Auch mit beim Gespräch ist unsere erfahrene Beraterin Andrea Sam, die Frau Fuchs bereits im Coaching begleitete. Gemeinsam haben sie sich über diesen “frauen-wunden“ Punkt ausgetauscht, jede gemäß ihres beruflichen Schwerpunktes. Hier das Resumée ihrer Standpunkte.

Christine Fuchs, Geschäftsführerin Labdanum

Durch meinen beruflichen Werdegang kenne ich alle Facetten, mit denen eine Frau zu kämpfen hat, wenn sie beruflich Karriere machen will bzw in die Selbständigkeit wechselt. Die Auszeichnung Vorbildunternehmerin des Bundesministeriums empfinde ich als große Ehre, aber natürlich auch als Verpflichtung, anderen Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit beizustehen. Ich veranstalte daher immer wieder Abende zum Thema “Perspektive Selbständigkeit für Frauen“, bei denen es darum geht, Frauen das an die Hand zu geben, was sie auf dem Weg in die Selbständigkeit brauchen.

Zuerst habe ich das anhand meines eigenen Werdegangs dargestellt. Meine Vorstellung war, dass die Frauen eine wage oder auch schon griffige Idee haben, es aber an der konkreten Umsetzung hapert. Nach dem Motto: ich habe eine Geschäftsidee, und was muss ich jetzt tun? Wie packe ich es an? Was gilt es in punkto Räumlichkeiten, Verwaltung, Finanzen, IT, Organisation, Personal, etc. zu bedenken? Wie sind die Schritte, die nacheinander gegangen werden müssen?

Ich hatte mich also auf die fachliche Unterstützung konzentriert. Aber ich erkannte sehr schnell noch ganz andere Hürden. Ja, Frauen brauchen oft diese fachliche Unterstützung. Aber damit das überhaupt Früchte tragen kann, brauchen sie zuerst was ganz anderes. Sie brauchen Unterstützung, um emotionale Hürden zu überwinden. Frauen agieren oft nach einem Grundmuster, dass sie es allen recht machen wollen. Dass sie nicht anecken wollen. Dass sie gefallen wollen. Also fragen sie ihre Umwelt nach deren Meinung und erhoffen sich, Unterstützung zu erhalten. Die sie dann aber nicht bekommen. Aus irgendeinem Grund scheinen Frauen mehr auf Zuspruch von außen angewiesen zu sein als Männer. Als hätten sie eine höhere innere Unsicherheit und erhofften sich vom Umfeld die notwendige Sicherheit, die ihnen dann (zu) oft verwehrt wird.

Wenn sie diesen Punkt überwunden haben kommt oft die nächste große emotionale Hürde, die die fachliche Arbeit überschattet. Es reicht nicht, eine gute Leistung anzubieten und den notwendigen Unterbau sauber zu organisieren. Die Welt muss von dieser Leistung ja auch erfahren! Es braucht also ein Kommunikationskonzept, die Bereitschaft sich und seine Leistungen darzustellen, den Wert seiner Leistung klar zu benennen. Und Geld dafür zu verlangen! Nur wenn (potenzielle) Kunden eine Leistung und deren Preis kennen, können sie diese auch kaufen. Und der Preis sollte so bemessen sein, dass die Anbieterin auch davon leben kann. In diesen vertrieblichen Fragen tun Frauen sich extrem schwer. Sie machen sich eher klein, am besten ganz unauffällig. Es kann ja richtig sein, erst mal klein anzufangen, um etwas auszuprobieren. Aber das Denken in großen Dimensionen ist in der Selbständigkeit ein wichtiger Erfolgfaktor.

Ich habe also gemerkt, dass es neben der rein fachlichen Unterstützung vor allem eine persönliche, eine emotionale Unterstützung als Basis notwendig ist. Und für diese Punkte ist Andrea als Coach die ideale Spezialistin.

Andrea Sam, Beraterin und Coach im FISCHER-Team

Frauen, die beruflich erfolgreich sein wollen, haben tatsächlich viel mehr mit emotionalen Hindernissen und mit gesellschaftlichen Strukturen zu kämpfen als Männer. Da entsteht schnell ein Teufelskreis, denn jede negative Erfahrung schwächt das oft schon schwächelnde Selbstbewusstsein noch mehr.

Da hilft eigentlich nur eines: Anhalten und Aussteigen. Anhalten durch eine bewusste Auszeit, um über die eigenen Pläne und Wünsche nachzudenken, sie zuzulassen, sie auszuwerten, sie zu reflektieren. Das gibt innere Klarheit. Klarheit die notwendig ist um die Kernfragen zu beantworten.

  • Was ist meine innere Motivation?
    Handle ich aus einer “Ich-will-weg-von-…-Haltung“ oder aus einer “Ich-will-hin-zu-…-Haltung“? Was will ich die nächsten 10 oder 20 Jahre machen? Und was für Konsequenzen nehme ich dafür in Kauf?
  • Was ist der Wert meiner Leistung?
    Frauen verkennen oft den Wert ihrer Fähigkeiten. Sie meinen, wenn sie etwas können, dann kann das jeder andere auch. Ihre Leistung ist damit nichts besonderes mehr. Sie ist nichts mehr wert, im wahrsten Sinne des Wortes. Mit dieser Haltung ist es natürlich fast unmöglich, die eigene Leistung klar zu benennen, werblich darzustellen und zu verkaufen.
  • Was bremst mich?
    Oft werden Frauen ausgebremst. Oder sie fühlen sich ausgebremst, ohne zu wissen wovon eigentlich. Klar, was frau nicht klar benennt, kann sie auch nicht lösen. Das können ganz unterschiedliche, völlig unvermutete Bremsen sein, wie zum Beispiel “Wie erzähle ich es meinem Mann?“. Oder negative Reaktionen aus der Umwelt, wie “Was sagt denn eigentlich Dein Mann, Deine Familie zu Deinen (spinnerten) Ideen?“. Diese Befürchtungen sind sogar sehr oft sehr berechtigt, denn viele Männer bzw. Familien reagieren tatsächlich eher skeptisch statt unterstützend. Hängt es daran, dass der Schritt in die Selbständigkeit ein Zeichen von Mut ist, und diese Eigenschaft in unserer Kultur weniger den Frauen als den Männer zugeschrieben wird? Oder dass den Familien die Unabhängigkeit ihrer Frauen / Partnerinnen / Mütter Sorgen bereitet? Wissen tut das keiner, das sind reine Spekulationen. Aber ich habe Fälle erlebt, in denen eine Frau völlig ausgehebelt wurde, als sie in ihrer Selbständigkeit finanziell erfolgreicher wurde als ihr Mann. Damit können viele nicht umgehen. Weder Männer noch Frauen!

Meine Erfahrung ist, dass es vielen Frauen an innerer Klarheit fehlt, um diese Kernfragen zu beantworten. Aber diese Klarheit braucht es, denn sie verleiht Stärke. Stärke für das eigene Selbstbewusstsein. Stärke, um den Fokus von Skepsis und Zweifeln auf Chancen und Potenziale zu lenken. Es lohnt sich also unbedingt, mit einem Coach zu reflektieren und zu sortieren, um diese innere Klarheit zu gewinnen. Ich will nicht sagen, dass jede Frau unbedingt selbständig werden muss. Diese Klarheit kann auch das Ergebnis bringen, dass sie lieber weiterhin angestellt bleibt. Aber dann trifft sie diese Entscheidung ganz bewusst. Und sie kann ganz bewusst Schritte unternehmen, um hier die maximalen Verbesserungen herauszuholen. Das kann ein Job in einer anderen Abteilung, in einem anderen Unternehmen, mit mehr oder weniger Arbeitszeit, etc. sein. Und diese innere Klarheit hilft auch in vielen anderen Lebenssituationen, nicht nur bei der Existenzgründung. Mit klaren Antworten auf diese Kernfragen tun sich Frauen auch in Führungspositionen leichter ihren Platz zu behaupten. Gleichwohl – ich bin überzeugt, dass mit dieser inneren Klarheit und Stärke sich viel mehr Frauen erfolgreich selbständig machen und bleiben könnten. Das würde unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft gut tun. Also ein Coaching zahlt sich auf alle Fälle aus.

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